Bellinas bewegungsreiches Leben

Hier ist eine ausführliche Erzählung Bellinas Geschichte. Mit bestem Dank an die Autorin, welche nicht namentlich erwähnt werden möchte.

— Bellina wurde im März 2000 geboren und im Frühling 2002 im Tierspital Bern entdeckt und im Juni 2002 gekauft. Mit diesem Kauf begann Bellinas Start in ein ganz unorthodoxes, bewegtes Maultierleben. Sie und ihr neuer Begleiter Michael waren sich sofort einig, dass sie nach ihrem ersten gemeinsamen Alpsommer im Jahr 2002 im Glarnerland nach Südfrankreich wandern würden. Und genau das machten sie dann auch.
Auf der Reise lernte Bellina während den spontanen Übernachtungen bei den durchwegs gastfreundlichen Menschen, die entlang ihrer Wanderroute wohnten, andere Esel und Pferde aller Horizonte kennen. Angekommen in Südfrankreich zog Bellina auf einen Pensionsplatz mit einem älteren Esel. Den Sommer 2003 verbrachte sie auf einer riesigen Weide mit vielen Pferden – und noch viel mehr Bremsen. Letzteres war eine ziemliche Plage.

So war Bellina wahrscheinlich nicht unglücklich, als sich ihr Begleiter im Herbst 2003 gemeinsam mit ihr wieder zurück auf den Weg in die kältere, weniger bremsengeplagte Schweiz machte: Ungefähr die Hälfte bis zur Grenze wanderten sie, die andere Hälfte legte sie im Anhänger zurück. Das fand sie ganz toll. Doch dieser Transport sollte eine Ausnahme bleiben, denn das Motto ihres Besitzers war (und ist): Ein Maultier ist zum transportieren da, und nicht zum transportiert werden. Also ging es dann auch prompt zu Fuss weiter und zwar mit einer mehrmonatigen Wanderung von Le Locle im Jura nach Altdorf im Uri.
Auf ihrer Route durch die halbe Schweiz transportierte Bellina neben Verpflegung und Kleidung auch zwei „Avanti-Bschiss Nein“-Fahnen und warb so gegen den Bau neuer Autobahnen und des 2. Gotthard-Strassentunnels. Mit Erfolg: Die Initiative wurde abgelehnt.

Danach machte Michael ein Praktikum auf einem Biobauernhof – bei Pia und Fredy Kyburz-Dolcet in Diesbach im Kanton Glarus – und durfte Bellina mitnehmen. Da der Platz dort für sie super passte, fasste Michael den Entschluss, auch nach Diesbach zu ziehen – damit Bellina dort bleiben konnte. Sie verbrachte von nun an den Herbst bis Frühling in Diesbach und den Sommer auf der Alp – zunächst auf der Alp Chreuel-Laueli und dann einige Sommer auf einer Alp in Seelisberg – wohin sie jeweils von ihrem Stall aus zu Fuss hin- und zurückwanderte.

Von der Alp in Seelisberg aus startete dann auch ein Abenteuer einer ganz anderen Art als jene, die sie bis dato gewohnt war: Eine Wanderung in die Vergangenheit. Gemeinsam mit einer Bauersfamilie aus der Zentralschweiz und mehreren anderen Maultieren durchquerte Bellina im Sommer 2005 die Alpen – wie anno dazumal, als Maultieren Sbrinz von der Schweiz nach Italien und Wein von Italien in die Schweiz transportierten.

Ab 2006 ging es dann im Sommer erstmals als Arbeitstier auf die Alp Chreuel-Laueli.
Während 9 Sommern war sie ein hochgeschätztes Alp-Tragtier, das den Unterstafel der Alp mit Essen für Menschen, Stroh für Tiere und beide mit allen sonstigen Materialien versorgte, die dort oben gebraucht wurden. Auch bei den Umzügen innerhalb der Alp leistete sie wertvolle Hilfe.

Nicht nur im Sommer, auch im Winter blieb Bellinas Leben bewegt: Im Winter 2007 gab es den zweiten grossen politischen Einsatz ihres Lebens: Bellina wanderte für einige Wochen kreuz und quer durch den Kanton Zürich und warb für die Flughafeninitiative, die u.a. eine Verbesserung der Nachtruhe der fluglärmgeplagten Bevölkerung anstrebte.

Dazu kam eine „Weiterbildung“: Als im Stall von Pia & Fredy zwischendurch zu wenig Platz war, verbrachte Bellina einige Winter in Steg im Tösstal, wo sie zugeritten wurde und nunmehr auch als Reit-Muli eingesetzt werden konnte – u.a. an den Bauernhoftagen mit Kindern mit und ohne Behinderung auf dem Hof von Pia & Fredy.

Im Sommer 2014 verbrachte Bellina aufgrund eines Pächterwechsels ihren bislang letzten Sommer auf der Alp. Seit dem Herbst 2014 wohnt Bellina nun ganzjährig bei Pia & Fredy – in ihrer vertrauten Herde, mit ihrem langjährigen Freund Artus. Die grossen Abenteuer sind vorläufig vorbei – aber die kleinen Abenteuer geniesst sie dafür umso mehr.

Bellina fühlt sich wohl bei ihren Artgenossinnen und –genossen, betreut von Pia und Fredy, umsorgt von Menschen, die Freude an ihr haben – und kann dort hoffentlich noch lange bleiben.